Kein Medikament ohne Nebenwirkungen

Wer Arzneimittel einnimmt, vertraut darauf, dass damit seine Beschwerden gelindert, die Krankheit vielleicht sogar geheilt werden kann. Allerdings greifen die Mittel in den komplexen Stoffwechsel des menschlichen Organismus ein – und das hat zwangsläufig mehr als nur einen Effekt.

Für kleine Unpässlichkeiten während der Weihnachtszeit kann man vorsorgen.Zu den Wirkungen eines Medikamentes gehören auch unerwünschte, sie werden Nebenwirkungen genannt. Jede Einnahme eines Arzneimittels ist mit dem Risiko verbunden, dass dabei auch eine oder mehrere Nebenwirkungen auftreten können. Oft fallen diese nur geringfügig aus oder bleiben unbemerkt. Sie können aber – je nach Dosierung und Konstitution des Patienten – auch starke Symptome hervorrufen, die mitunter sogar gefährlich werden. Die Anzeichen können körperlicher Art sein, wie etwa Hautausschläge oder Herzrasen, oder sich psychisch bemerkbar machen, etwa in Form von Albträumen.

Auf die Dosis kommt es an

Entscheidend dafür, wie stark die Nebenwirkungen sind, ist häufig die Dosis – also die Menge des Arzneistoffs, die der Körper aufnimmt. Jede Substanz, gleich ob Medikament oder Lebensmittel, kann bei einem Menschen giftig wirken, wenn sie im Übermaß zugeführt wird. Welche Bedeutung die richtige Dosierung eines Arzneimittels hat, zeigt das Beispiel Insulin: Verabreicht sich ein Diabetiker zu wenig Insulin, kann er langfristig Schäden an Nieren, Augen und Gliedmaßen davontragen. Spritzt er sich eine zu hohe Dosis, kommt es insbesondere im Gehirn zum Zuckermangel, und er kann das Bewusstsein verlieren. Glücklicherweise sind die meisten Medikamente nicht so Dosis-kritisch wie Insulin. Generell liefert die Packungsbeilage Angaben, wie viel man von einem Medikament einnehmen darf (lesen Sie hierzu auch „Was steht im Beipackzettel?“).

Kein Mensch ist wie der andere

Da sich die Menschen deutlich unterscheiden – beispielsweise in ihrem Geschlecht, ihrem Alter, ihrem Gewicht, dem Körperfettanteil, der Ernährung und ihrem Trainingszustand – wirken Medikamente bei jedem anders. So steigt mit dem Gewicht das Volumen an Körpergewebe, in dem sich ein Wirkstoff verteilt. Bei einigen Arzneimitteln, bei denen die richtige Konzentration im Blut entscheidend ist, wird deshalb die Dosis in Milligramm pro Kilogramm Körpergewicht berechnet, zum Beispiel bei Medikamenten gegen Epilepsie. Für ältere Menschen besteht aufgrund ihrer eingeschränkten Leber- und Nierenfunktion bei bestimmten Arzneimitteln ein erhöhtes Risiko für Nebenwirkungen, weil sie die Wirkstoffe langsamer ausscheiden. Auch Schwangere sollten bestimmte Arzneimittel nicht einnehmen, da diese das ungeborene Kind schädigen könnten. Zudem gibt es Menschen, die allergisch auf bestimmte Wirkstoffe reagieren.

Entscheidend: Risiko-Nutzen-Abschätzung

Die meisten Nebenwirkungen treten nur bei wenigen Patienten auf. Der Arzt muss individuell aus den vorhandenen Informationen das Risiko gegen den zu erwartenden Nutzen, also eine Heilung, eine Krankheitsverzögerung oder eine Linderung, abwägen. Auf dieser Grundlage entscheidet er zusammen mit dem Betroffenen, ob ein Medikament eingesetzt wird oder nicht. Geht es um eine lebensbedrohliche Krankheit wie Krebs, wird in der Regel ein höheres Risiko für Nebenwirkungen in Kauf genommen als bei weniger schweren Erkrankungen.

Meldungen von Verdachtsfällen

Arzneimittel werden kontinuierlich auf auftretende Nebenwirkungen überwacht – auch nach der Markteinführung. Darum kümmern sich sowohl der Hersteller des Medikaments als auch die Arzneimittelbehörden. Im Rahmen der Arzneimittelüberwachung (Pharmakovigilanz) können Patienten Verdachtsfälle von unerwünschten Arzneimittelwirkungen (UAW) an den Hersteller und die Arzneimittelbehörden, das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) und das Paul-Ehrlich-Institut (PEI), melden. Die Behörden sind zur zentralen Erfassung verpflichtet. In den Unternehmen werden die Verdachtsfälle wissenschaftlich analysiert und bewertet. Je nach Häufigkeit und Ausmaß der gemeldeten Nebenwirkungen leiten BfArM oder PEI Maßnahmen ein, um die Risiken zu minimieren. Diese können so weit gehen, das betreffende Arzneimittel ganz aus dem Verkehr gezogen werden. Zu den besonders dringenden Fällen informieren die Behörden Ärzte und Apotheker umgehend in einem Schreiben mit einem auffälligen Rote-Hand-Symbol.

Meldungen bei der EMA

Unerwünschte Arzneimittelereignisse können auch auf dem Internetportal EudraVigilance (siehe Link am Ende des Beitrags) der Europäischen Arzneimittelagentur EMA gemeldet werden. Das Portal sammelt insbesondere Meldungen über Nebenwirkungen, die nach der Zulassung der Medikamente auftreten und möglicherweise während der klinischen Prüfung übersehen wurden. Aus pro Monat etwa 90.000 Meldungen wählt die EMA jene aus, die auf bisher nicht bekannte Nebenwirkungen hinweisen. Der Ausschuss für Risikobewertung im Bereich der Pharmakovigilanz (PRAC) führt dann eine Bewertung durch, die eine Änderung der Fachinformation zur Folge haben kann.

Patienten erkennen Medikamente, die einer zusätzlichen Überwachung hinsichtlich ihrer Nebenwirkungen unterliegen, anhand des Beipackzettels. Nach einem Beschluss der Europäischen Kommission wird seit September 2013 auf der Gebrauchsanweisung ein schwarzes, auf der Spitze stehendes Dreieck abgebildet. Dies gilt für nach dem 1. Januar 2011 zugelassene Arzneimittel mit neuen Wirkstoffen, biologische Arzneimittel wie Impfstoffe und Plasmaprodukte sowie für solche, bei denen der Hersteller noch Informationen nachliefern muss. Patienten und Angehörige der Gesundheitsberufe werden explizit aufgefordert, Nebenwirkungen über die nationalen Meldesysteme mitzuteilen.

Weitere Informationen

  • Wenn Sie Fragen zu einzelnen Medikamenten haben, können Sie sich an die Hersteller wenden. Eine Liste von Ansprechpartnern der Pharma-Unternehmen finden Sie hier: Informationen zu Arzneimitteln aus erster Hand
  • Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) und das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) stellen ein Portal zur Meldung von Verdachtsfällen bereit: https://verbraucher-uaw.pei.de
  • Die Europäische Arzneimittelagentur EMA bietet auf der Website „Europäische Datenbank gemeldeter Verdachtsfälle von Arzneimittelnebenwirkungen“ statistische Auswertungen für rund 650 Medikamente: https://eudravigilance.ema.europa.eu
  • Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) gibt Informationen zur Ãœberwachung von Arzneimitteln nach der Zulassung: https://www.bfarm.de
  • Die Datenbank http://www.embryotox.de/einfuehrung.html der Charité – Universitätsmedizin Berlin informiert über Risiken bei der Anwendung von Arzneimitteln in Schwangerschaft und Stillzeit.

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