Reisen: Eine gute Sache auch bei chronischer Krankheit

Wie die Urlaubsplanung von Patienten mit verschriebenen Medikamenten und chronischen Krankheiten aussehen sollte, was in der Reiseapotheke nicht fehlen darf und wie medizinisch betreute Reisen ablaufen, erklärt der Medizinische Direktor des BCRT Berliner Centrum für Reise- und Tropenmedizin, Prof. Tomas Jelinek.

Prof. Tomas Jelinek.Auf was müssen chronisch kranke Patienten beim Reisen besonders achten – was muss auf jeden Fall auf der Checkliste stehen?

Sie sollten sich informieren. Reisen ist eine gute Sache auch bei chronischer Krankheit. Den Leuten geht es oft besser nach einer Reise. Es ist nicht so, dass wir beim Zentrum für Tropen- und Reisemedizin davon abraten. Nur man muss schauen, ob die Krankheit etwas im Körper verändert hat, was bei der Reise heikel sein könnte. Große Höhen können zum Beispiel ein Problem sein, wenn die Lunge nicht gut funktioniert. Große Hitze kann ein Problem sein, wenn der Kreislauf angeschlagen ist. Schnelle Klimawechsel sind meistens anstrengend für den Körper – auch da braucht man eine gewisse Belastungsfähigkeit. Dann gibt es an den Orten, wo die Reisenden unterwegs sind, bestimmte Infektionskrankheiten. Darüber sollte man vorher sprechen, denn häufig lässt vorbeugen, zum Beispiel mit Impfungen. Vor der Reise sollte der Patienten sich bei einem Reisemediziner oder einem Arzt, der sich mit Reisemedizin auskennt, informieren.

Wie viel Zeit sollten Patienten (mit verschriebenen Medikamenten) im Vorhinein in die Planung einer Reise investieren?

Sechs Wochen vorher ist ein guter Zeitpunkt, um sich zu informieren. Bei Krankheiten, die die Abwehr schwächen und bei denen das Immunsystem langsamer reagiert, ist es für Patienten sinnvoll, deutlich früher das Gespräch zu suchen, weil sie dann längerfristiger alles vorbereiten müssen. Bei ihnen muss der Arzt manche Impfungen früher geben. Ein halbes Jahr früher sollten sich diese Patienten informieren.

Das medizinisch betreute Reisen kann für viele Patienten eine gute Möglichkeit. Wie genau läuft eine solche Reise ab?

Beim medizinisch betreuten Reisen haben Patienten einen Mediziner dabei. Sie haben hier einen Ansprechpartner für gesundheitliche Probleme, die auf der Reise auftreten können. Das kann banal sein, es kann aber auch etwas Ernsthaftes sein. Es ist nicht so, dass der begleitende Arzt alles machen kann. Er kann beraten, aber er kann nicht die komplette medizinische Notfallversorgung übernehmen. Das ist jemand, der berät, unterstützt und auch mitgeht zum Beispiel, wenn irgendetwas schiefgeht, und der dann in der Klinik ein bisschen hilft, übersetzt etc. Die medizinisch betreuten Reisen sollen Sicherheit geben bei Leuten, die ein erhöhtes Risiko haben. Das ändert aber nichts daran, dass man sich vorher kümmern sollte um die Reise und um die Vorbereitungen. Diese Reisen sind nicht viel teurer. Ich glaube, im Schnitt zahlen Sie so zehn Prozent mehr.

Bei welchen Krankheiten ist besonders Achtsamkeit geboten. Gibt es Erkrankungen, bei denen Sie von einer Reise abraten würden?

Das kann man schwer mit einzelnen Diagnosen beantworten. Schwierig ist das Reisen bei Erkrankungen, bei denen der Patient instabil ist. Bei chronischen Krankheiten, die nicht gut eingestellt sind und bei denen der Patient wenig Reserven hat für besondere Notfälle, da sollte man aufpassen. Wenn er gut eingestellt ist, kann ein Patient mit ganz vielen chronischen Erkrankungen reisen. Heikel ist immer eine schwere Abwehrschwäche, aber dann würde der Patient nicht unbedingt auf die Idee kommen zu reisen. So lange ein Patient stabil ist, kann er über Reisen sehr gut nachdenken und meistens tun sie einem auch gut.

Was sollten Patienten bei der Mitnahme von Medikamenten beachten?

Dauermedikation, die ja potentiell lebenswichtig sein kann, sollte bei Erkrankungen wie zum Beispiel Diabetes am Menschen transportiert werden, also nicht im Reisegepäck aufgegeben werden. Manche Patienten nehmen am Tag vier, fünf, sechs Tabletten. Das läppert sich. Für vier Wochen haben Sie da einiges an Volumen, was sie da mit sich herumtragen. Deshalb ist es gut, vom Hausarzt eine Bescheinigung zu haben, dass die Medikamente medizinisch notwendig sind. Es kann Patienten passieren, dass bei der Einreise kontrolliert wird, was sie da haben. Dann ist es gut, nachweisen zu können, dass sie die Medikamente brauchen. Sonst kommen die Reisenden in den Verdacht, dass sie damit handeln wollen. Bei manchen Destinationen müssen Patienten klären, ob ein Medikament wirklich eingeführt werden kann. Das ist heikel, wenn zum Beispiel Schmerzmittel verboten sind in diesen Ländern. Dann muss der Patient überlegen, was er machen kann: Entweder er kann dort nicht hinfahren oder er muss die Schmerzmittel absetzen.
Bei Schmerzmitteln sind die Vereinigten Arabischen Emirate schwierig. Das gilt auch für Dubai. Da gibt es Mittel, die bei uns unbedenklich sind wie Codein zum Beispiel - das ist ein Hustensaft - das mögen die dort gar nicht. Ein anderes Medikament, was uns häufig auffällt, ist Ritalin. Das nehmen viele Kinder und Jugendliche mit ADHS und das ist in vielen Ländern verboten: in Malaysia oder in Indien. Damit dürfen Personen dort offiziell nicht einreisen.

Sie selbst reisen viel. Was gehört in Ihre Reiseapotheke?

Das hängt von der Reise ab – zu viel. Das ist ein Arztproblem, wir nehmen immer zu viel mit. Ansonsten nehme ich die Dinge mit, von denen ich glaube, dass sie für die Reise wichtig sind. Wenn ich segeln gehe, etwas gegen Seekrankheit. Wenn ich in die Höhe gehe, etwas zum Behandeln der Höhenkrankheit. In der Regel habe ich etwas dabei, um Wunden zu versorgen. Das passiert ja immer mal wieder, dass sich da etwas infizieren kann. Und etwas gegen Durchfall.

Vielen Dank für das Gespräch!