"Es braucht eine offene und transparente Kommunikationsstrategie"

Autorin: Birgit Bauer, Social Media & Digital Health Expert und Patient Expert für die Manufaktur für Antworten UG, Gründerin und Projektkoordinatorin Data Saves Lives Deutschland, Mitglied des vfa-Patientenbeirats.

Wir haben unsere Leserinnen und Leser befragt, ob sie ihre medizinische Daten in anonymisierter Form für die medizinische Forschung zur Verfügung stellen. Die Ergebnisse der Umfrage hat Birgit Bauer für uns eingeordnet. Sie ist Social Media & Digital Health Expert und Patient Expert für die Manufaktur für Antworten UG, sowie Gründerin und Projektkoordinatorin Data Saves Lives Deutschland und Mitglied des vfa-Patientenbeirats.


Liebe Leserinnen und Leser,

betrachtet man die Diskussion um Gesundheitsdaten ist klar: Das Thema beschäftigt. Menschen, die mit Erkrankungen leben, sehen durchaus den Sinn und die Vorteile von Gesundheitsdaten. Andere sehen dieses Thema kritisch und haben Bedenken. Gesundheitsdaten teilen oder nicht? Das ist hier die Frage.

Daher war es spannend zu sehen, wie die Frage an die Gesamtbevölkerung, sprich an Sie, beantwortet wurde: „Würden Sie Ihre medizinischen Daten in anonymisierter Form für die medizinische Forschung zur Verfügung stellen?“

Die Antwortmöglichkeiten waren:
• Ja, für öffentliche medizinische Forschung
• Ja, für die medizinische Forschung von Unternehmen
• Ja, für beides
• Nein / Weiß nicht

Auch die Aufgliederung in verschiedene Gruppen wie Alter, Ausbildung oder Berufstätigkeit bietet spannende Einblicke und Gemeinsamkeiten.

Geht es darum die Daten mit der öffentlichen Forschung zu teilen, sind sich die Gruppen der 40-bis 49-Jährigen und der über 65-Jährigen ziemlich einig. Sie würden medizinische Daten mit der öffentlichen Forschung teilen, während die Gruppe der Jüngsten, also 18-29 Jahre, das eher nicht tun würde oder es nicht weiß. Wendet man sich der Frage zu, ob Daten in anonymisierter Form für die öffentliche medizinische Forschung verfügbar gemacht werden, teilen Arbeitnehmer:innen mit Rentner:innen die Meinung, dass sie ihre Daten für die öffentliche Forschung teilen würden.
Nur ein geringer Teil würde Daten mit forschenden Unternehmen teilen. Übrigens eine Information, die sich durch die gesamte Umfrage zieht.
Ausnahme: Student:innen sind mit einem Anteil von 50,2% offen dafür, ihre Gesundheitsdaten anonym mit der öffentlichen medizinischen Forschung und der Forschung von Unternehmen zu teilen.
Arbeitslose hingegen stellen mit 43,5% den Hauptanteil derer, die ein Nein zum Thema Teilen von Gesundheitsdaten abgaben oder es nicht wissen. Eine klare Ansage dafür, dass es an verständlichen, neutralen und transparenten Informationen fehlt.

Männer liegen beim Teilen von Gesundheitsdaten für die öffentliche Forschung knapp vor den Frauen, deren Anteil der „weiß nicht / Nein“ Antworten etwas höher ausfällt. Nach dem Bildungsstand analysiert, erkennt man, dass Menschen mit Abitur offener für das Teilen von Gesundheitsdaten sind, während Menschen mit Hauptschulabschluss klar ihre Daten mit Unternehmen teilen würden, allerdings ist auch hier klar: Informationen fehlen auch hier und das lässt den Rückschluss zu, dass der Bedarf an Informationen sehr hoch ist.

Zusammengefasst scheint Deutschland der Datenspende durchaus offen gegenüberzustehen, wenn es um die öffentliche medizinische Forschung geht. Beim Anteil der Antwort „weiß nicht“ ist erkennbar, dass der Bedarf an Informationen und Aufklärung hoch ist. Hört man sich dazu auf Social Media und besonders in Patient Communities um, ist klar, dass es derzeit viele ungeklärte Fragen und Vorurteile gibt.
Es ist nötig jetzt dafür zu sorgen, dass die Themen wie das Teilen von Gesundheitsdaten, Datenschutz etc. in einer öffentlichen Diskussion geklärt werden. Wir müssen dafür sorgen, dass Bürger:innen in der Lage sind, informiert darüber zu entscheiden, wie sie ihre Gesundheitsdaten teilen.

Wirft man den Blick auf die Teilbereitschaft mit den forschenden Unternehmen, ist diese gering. Ein interessantes Detail könnte der Aspekt Vertrauen sein. Stellen Bürger:innen dies zur forschenden Industrie in Frage, wenn es darum geht, Gesundheitsdaten mit forschenden Unternehmen zu teilen? Wenn dem so ist, liegt die Herausforderung in der Entwicklung einer sehr verständlichen und transparenten Kommunikationsstrategie, am besten mit denen entwickelt, die das Thema betrifft: Patient:innen und Bürger:innen. Ohne sie wird es nicht gehen. Auch die Frage nach der „Gegenleistung“, wenn Unternehmen Daten zur Forschung nutzen, wird zu beantworten sein.

Der beste Moment für eine öffentliche Diskussion und gute, transparente, verständliche Aufklärung ist jetzt. Der europäische Gesundheitsdatenraum rückt in greifbare Nähe, daher ist es unabdingbar, eine öffentliche Diskussion, gespickt mit wertvollen Informationen zu beginnen. Mit allen Beteiligten und aus allen Perspektiven. Etwas, das wir mit der Initiative Data Saves Lives Deutschland täglich versuchen.
Weil Gesundheitsdaten am Ende auch darüber entscheiden können, wie Lebensqualität definiert werden wird. Besonders für diejenigen, die mit schweren oder chronischen Erkrankungen leben.

Birgit Bauer