Viele Hepatitis-Infektionen bleiben unbemerkt
Obwohl es wirksame Schutzmaßnahmen und Behandlungsmöglichkeiten gegen Hepatitis gibt, sind die meisten Infektionen noch nicht diagnostiziert, informiert die Deutsche Leberhilfe. Welche verschiedenen Formen von Hepatitis gibt es?
Der Welt-Hepatitis-Tag sollen helfen, noch unentdeckte Patienten zu finden.
Hepatitis heißt übersetzt Leberentzündung und kann laut Deutscher Leberhilfe viele verschiedene Ursachen haben. Sehr oft seien die Viren Hepatitis A, B, C, D oder E für diese Art von Entzündung verantwortlich. Es gebe jedoch auch Leberentzündungen, die durch Medikamente, Giftstoffe, Alkohol, Übergewicht oder eine Fehlsteuerung des Immunsystems hervorgerufen werden – anders als virale Hepatitiden sind diese Erkrankungen nicht ansteckend.
Die Leber erfüllt viele lebenswichtige Aufgaben: Sie entgiftet das Blut und spielt eine wichtige Rolle im Stoffwechsel sowie bei der Verdauung, Immunabwehr und Blutgerinnung. Bei einer Hepatitis – egal ob viral oder nichtviral – werden Leberzellen zerstört, erklärt die Deutsche Leberhilfe weiter. Wenn die Krankheit chronisch werde, können sich durch die jahrelange Zellzerstörung Narben und eine sogenannte Leberfibrose bilden. Ist die Leber vollständig vernarbt – auch Leberzirrhose genannt – sind die lebenswichtigen Funktionen stark eingeschränkt und es kann sich zudem ein Leberzellkrebs entwickeln. Mit einer rechtzeitigen Diagnose und Behandlung lassen sich diese Spätfolgen jedoch oft verhindern.
Oft keine Symptome bei Infektion
Besonders tückisch: Die Leber hat kein Schmerzempfinden und bekannte Hepatitis-Symptome wie etwa Gelbsucht treten nur bei einer Minderheit der Betroffenen auf. Viele Hepatitis-Infektionen bleiben lange Jahre unbemerkt. Oft gibt es keine oder nur unspezifische Symptome wie Müdigkeit, Abgeschlagenheit oder Gelenkbeschwerden. Ein typisches Symptom ist beispielsweise eine Gelbfärbung der Haut oder der Augen, das aber nicht jeder Mensch mit Hepatitis entwickelt. Auch erhöhte Leberwerte können ein erster Hinweis sein, aber nicht jeder Hepatitis-Kranke hat auffällige Leberwerte. Auf der Webseite www.lebertest.de/ können Interessierte anonym herausfinden, ob es bei ihnen Risikofaktoren für eine Hepatitis-Infektion gibt.
Deutschland hinkt beim Screening hinterher
Während die chronische Hepatitis-B-Infektion bereits gut kontrollierbar, aber selten heilbar ist, ist Hepatitis C heute praktisch immer heilbar und könnte weltweit eingedämmt werden. Die Bundesrepublik Deutschland ist vorbildlich beim Therapiezugang, aber liegt beim Screening hinter anderen Ländern: Nach wie vor ist von einer großen Dunkelziffer von Menschen mit unentdeckter Hepatitis B und C auszugehen und es gibt kaum Bemühungen, dies zu ändern. Derzeit rechnet die WHO deshalb nicht damit, dass Deutschland die bis 2030 gesteckten Eindämmungsziele erreichen kann.
Unentdeckte Patienten finden
Durch den Welt-Hepatitis-Tag sollen die noch unentdeckten Patienten gefunden werden, um diese frühzeitig zu behandeln, vor Spätfolgen zu bewahren und Neuinfektionen einzudämmen. Die World Hepatitis Alliance ist der globale Ausrichter des Welt-Hepatitis-Tages, in Deutschland organisiert die Deutsche Leberhilfe den Aktionstag. Weitere Informationen rund um den Welt-Hepatitis-Tag finden Sie auf www.welthepatititstag.info
Hepatitis A (HAV)
Gegen das Hepatitis-A-Virus (HAV) gibt es eine Impfung. Das Virus wird oft in Mittelmeerländern gefunden und tritt daher häufig als Reisekrankheit auf. Übertragen es durch mit HAV verunreinigtes Trinkwasser, also auch Eiswürfel, durch Früchte und Salate, die mit HAV-kontaminiertem Wasser gewaschen wurden und durch Muscheln aus solchen verunreinigten Gewässern. Es kann auch durch Schmierinfektionen wie etwa über Toiletten und Badewasser und über sexuellen Kontakt übertragen werden. Meist verläuft Hepatitis A unbemerkt, es sind jedoch auch Symptome wie etwa Gelbsucht, Übelkeit und Müdigkeit möglich. Die Infektion ist kurze Zeit hoch ansteckend, aber sie wird nicht chronisch und heilt in der Regel folgenlos von selbst aus. Wer die Infektion durchgemacht hat, ist lebenslang gegen Hepatitis A immun. Bei bestimmten Risikogruppen wie Senioren, Leberkranken und immungeschwächten Menschen kann die Hepatitis-A-Infektion jedoch gefährlich werden und sogar zum Leberversagen führen.
Hepatitis B (HBV)
Hepatitis B ist eine Leberentzündung, die durch das Hepatitis-B-Virus (HBV) hervorgerufen wird. Auch gegen Hepatitis B gibt es eine Impfung. HBV wird über Körperflüssigkeiten übertragen. Kontaminiertes Blut ist besonders ansteckend, aber auch über Sperma, Scheidensekret und eventuell Speichel ist eine Infektion möglich. Eine akute Hepatitis-B-Infektion heilt bei den meisten Menschen in den ersten sechs Monaten von selbst aus – allerdings bleibt das Erbmaterial des Hepatitis-B-Virus trotzdem lebenslang im Körper und insbesondere im Kern der Leberzellen erhalten. Deshalb kann selbst eine ausgeheilte Hepatitis-B-Infektion noch Jahrzehnte später wieder aktiv werden, wenn das Immunsystem unterdrückt wird – etwa durch Chemotherapien, Knochenmarktransplantationen oder HIV-Infektionen. Bei fünf bis zehn Prozent der mit HBV infizierten Erwachsenen kommt es zu einer chronischen Leberentzündung, die sich unbehandelt über viele Jahre zu Leberzirrhose und Leberkrebs entwickeln kann. Heutzutage gibt es antivirale Medikamente, die direkt die Virusvermehrung in der Leber unterdrücken. Allerdings müssen dafür die Tabletten jeden Tag als Dauertherapie eingenommen werden. Einige Patienten können auch ein Jahr lang mit Interferon behandelt werden. Dieses regt das körpereigene Immunsystem an, so dass es dauerhaft die Virusvermehrung unterdrücken kann. Allerdings hat Interferon Nebenwirkungen wie Grippesymptome, Depressionen und Blutbildveränderungen. Die heute verfügbaren Therapien sind in der Regel nicht heilend. Verschiedene neue Arzneimittel werden in Studien untersucht. Es wird gehofft, dass künftige Therapien häufiger einen Zustand wie nach einer Spontanheilung erreichen, bei dem das Hepatitis-B-Virus dauerhaft aus dem Blut verschwindet und nur noch Antikörper als Immunreaktion zurückbleiben. Das B-Virus auch aus den Leberzellen zu eliminieren bleibt bislang laut Deutscher Leberhilfe noch ein weit entfernter Traum.
Hepatitis C (HCV)
Die Hepatitis C wird durch das Hepatitis-C-Virus (HCV) verursacht. Gegen dieses Virus gibt es keine Schutzimpfung, aber dafür ist die Infektion heute fast immer heilbar. Es wird vor allem durch direkten Kontakt mit infiziertem Blut übertragen. Die wichtigsten Infektionsursachen sind Blutprodukte vor 1990, Verletzungen, gemeinsam benutztes Spritzbesteck beim Drogengebrauch und schlechte Hygiene bei Piercings, Tätowierungen sowie medizinischen Eingriffen. Das Risiko einer sexuellen Infektion ist deutlich geringer als bei Hepatitis B, steigt aber bei Verletzungen oder der Menstruation. Nur etwa 20 Prozent der akuten Hepatitis-C-Infektionen heilen im ersten halben Jahr von selbst aus. In bis zu 80 Prozent der Fälle wird die Hepatitis C chronisch. Hepatitis C ist heilbar und bei der Behandlung hat es zwischen 2014 und 2017 eine Revolution gegeben. Frühere Therapien mit Interferon hatten noch viele Nebenwirkungen, waren langwierig und führten nur bei einigen Patienten zur Heilung. Mittlerweile gibt es verschiedene neuartige, antivirale Therapien in Tablettenform. Diese sind verträglicher, dauern in der Regel 8 bis 12 Wochen und heilen Hepatitis C schon beim ersten Versuch in mehr als 95 % der Fälle dauerhaft aus. Eine diagnostizierte Hepatitis C auszuheilen ist heute – anders als früher – also praktisch kein Problem mehr. Die größte Herausforderung bei HCV ist nun, die noch unentdeckten Betroffenen rechtzeitig zu diagnostizieren, bevor sie schwer erkranken. Anders als bei einer ausgeheilten Hepatitis A oder B ist man nach einer ausgeheilten Hepatitis C nicht immun, sondern kann sich durch kontaminiertes Blut jederzeit wieder mit HCV anstecken. Es scheint keine natürliche Immunität gegen HCV zu geben und dies macht es schwer, eine Schutzimpfung zu entwickeln.
Hepatitis D (Delta)
Das Hepatitis-D-Virus kann nur zusammen mit dem Hepatitis-B-Virus existieren, weil es dessen Hülle zur Vermehrung braucht. Es gilt jedoch als gefährlichstes Hepatitis-Virus, weil die Krankheit schwerer verläuft und sich schneller Spätfolgen wie Zirrhose oder Leberkrebs einstellen als bei Menschen, die allein an einer Hepatitis B erkrankt sind. Hepatitis D wird durch Blut- und Sexualkontakte übertragen – entweder gleichzeitig mit Hepatitis B oder später zu einer bereits bestehenden Hepatitis-B-Infektion. Die Behandlungsmöglichkeiten sind noch eingeschränkt. Hepatitis-B-Medikamente sind wirkungslos gegen Hepatitis D und derzeit ist Interferon das einzige verfügbare Medikament, das gegen dieses Virus eine Wirksamkeit zeigt. Interferon kann jedoch nur einen Teil der Hepatitis-D-Infektionen unterdrücken, und selbst dann ist der Therapieerfolg oft nicht von Dauer. An neuartigen, virushemmenden Medikamenten gegen Hepatitis D wird geforscht. Zudem wird gehofft, heilende Therapien gegen Hepatitis B zu finden, die gleichzeitig dem Delta-Virus die Überlebensgrundlage entziehen. Eine Impfung gegen Hepatitis B schützt auch vor Hepatitis D.
Hepatitis E (HEV)
Hepatitis E wird durch das Hepatitis-E-Virus (HEV) verursacht; dieses ist das häufigste Hepatitis-Virus in Deutschland. Diese Erkenntnis ist noch recht neu, denn lange Zeit glaubte man, dies sei nur eine Reiseinfektion aus fernen tropischen Ländern; entsprechend wurde häufig gar nicht auf diese Infektion untersucht. Das Robert Koch-Institut schätzt inzwischen, dass jeder sechste Deutsche bereits eine Hepatitis-E-Infektion durchgemacht hat, andere Schätzungen gehen noch höher. In Europa und anderen westlichen Industrieländern ist die Hauptinfektionsquelle rohes Fleisch von Haus- und Wildschwein, beispielsweise Schweinemett, aber auch mit Fäkalien gedüngte Erdbeeren oder Salat können wohl Ursache für eine Hepatitis E sein. Blutprodukte haben ebenfalls zu Übertragungen geführt und diese Quelle soll nun ausgeschaltet werden: In den Jahren 2020 und 2021 wird in zwei Schritten eine Testung aller Blutspenden und -produkte verbindlich eingeführt. Nahezu alle akuten Hepatitis-E-Infektionen – 99 Prozent – heilen unbemerkt und ohne Symptome aus. In einigen Fällen können hepatitistypische Symptome wie etwa eine Gelbfärbung der Haut und Augen entstehen. Selten, aber trotzdem möglich sind auch neurologische Komplikationen wie etwa Schmerzen oder Lähmungserscheinungen. Zudem sind Schwangere, chronisch Leberkranke oder immungeschwächte Menschen durch Hepatitis E gefährdet. Bei ihnen kann eine Infektion mit HEV zu Komplikationen oder – bei Immunschwäche – auch zu chronischen Verläufen führen. Chronische Hepatitis E ist selten, aber kann innerhalb weniger Jahre zu einer Zirrhose führen. Hepatitis E lässt sich in Notfällen mit Ribavirin ausheilen, welches dafür aber nicht zugelassen und fast nie nötig ist. Ein Impfstoff existiert nur in China und es ist unklar, ob dieser auch gegen den in Europa verbreiteten Typ der Hepatitis-E-Viren schützt.