Was besagt das Patientenrechtegesetz?
Seit 2013 ist das Patientenrechtegesetz in Kraft. Für die Betroffenen soll es mehr Transparenz ins Versorgungsgeschehen bringen. Denn: Nur wer seine Rechte kennt, kann sie auch durchsetzen. Vielerorts werden allerdings bereits Überlegungen für eine Weiterentwicklung des Gesetzes angestellt.
Nach langen Diskussionen trat es im Februar 2013 endlich in Kraft: das Patientenrechtegesetz. Doch Patienten- und Verbraucherverbände zeigten sich von dem, was dann tatsächlich als Gesetz umgesetzt wurde, enttäuscht. Denn es schrieb in weiten Teilen die bestehende Rechtslage fort, ohne die Patientenrechte weiterzuentwickeln. Festgeschrieben wurden die Vertragsbeziehungen zwischen Patienten und Ärzten, die Informations- und Aufklärungspflichten der Ärzte sowie die Rechte der Patienten gegenüber den Krankenkassen (die Regelungen im Einzelnen stehen im Infokasten am Ende des Beitrags).
Studie: Viele kennen das Gesetz nicht
Drei Jahre nach Inkrafttreten des Patientenrechtegesetzes hat der frühere Beauftragte der Bundesregierung für die Belange der Patienten, Staatssekretär Karl-Josef Laumann (CDU), eine Studie beim IGES Institut zu den Wirkungen der Reform in Auftrag gegeben. Demnach hätten rund 60 Prozent der befragten Patienten und Versicherten keine oder kaum spezifische Kenntnisse über das Patientenrechtegesetz. Nur elf Prozent kannten die wesentlichen Bestimmungen. Lediglich 39 Prozent der Befragten waren sich darüber klar, dass die Krankenkassen in der Regel nur eine Frist von drei Wochen haben, um einen Leistungsantrag zu bearbeiten. Auch wussten nur 48 Prozent, dass bei einem Verdacht auf einen Behandlungsfehler eine Unterstützung durch die Kassen gesetzlich vorgeschrieben ist. Die große Mehrheit der Befragten kannte allerdings das Recht, ihre vollständige Patientenakte einsehen zu können, und dass Ärzte ausführlich über Diagnosen und Therapiemöglichkeiten informieren müssen. Insgesamt wurde dem Gesetz große Wichtigkeit beigemessen. 93 bis 95 Prozent der Befragten äußerten, dass ihnen die Festschreibung von Rechten gegenüber Ärzten und Krankenkassen wichtig sei.
Die weitere Diskussion: hohe Hürden bei Behandlungsfehlern
In der Politik wird unterdessen die Diskussion um eine Weiterentwicklung des Gesetzes lauter. Umstritten ist insbesondere die Regelung zur Beweislast bei einem Behandlungsfehler. Maria Klein-Schmeink, gesundheitspolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen, ist für eine „vernünftige Form der Beweislastvereinfachung“. Bisher müssten Patienten beweisen, dass erstens ein Schaden vorliegt, dass es zweitens einen Fehler gegeben hat und dass drittens eine Kausalität zwischen Fehler und Schaden besteht. „Diese Hürde ist zu hoch“, sagt sie bei einer Veranstaltung des GKV-Spitzenverbandes im Juni 2017. Ihr Vorschlag: Wenn die ersten beiden Kriterien bewiesen sind, dann muss der Arzt belegen, dass keine Kausalität vorliegt.
Einigkeit über Entschädigungsfonds
Ein Gedanke, mit dem sich viele Experten anfreunden können, ist die Einrichtung eines Härtefall- oder Entschädigungsfonds. Er soll dann greifen, wenn ein entstandener Schaden nicht eindeutig geklärt werden kann. Mit ihm könne ein „Gerechtigkeitsgefühl“ hergestellt werden, erläutert Klein-Schmeink. Offen ist allerdings, aus welchen Geldern ein solcher Fonds gespeist und für welche Fälle er genau eingesetzt werden sollte.
Krankenkassen: stärkere Unterstützung bei Behandlungsfehlern
Ebenfalls diskutiert wird die Rolle der Krankenkassen bei einem Verdacht auf einen Behandlungsfehler. „Viele Kassen unterstützen ihre Versicherten“, betont Gernot Kiefer, Vorstand des GKV-Spitzenverbandes, auf der GKV-Veranstaltung. Es gebe zwar an der einen oder anderen Stelle Probleme, aber im Grund gehöre dies zum Selbstverständnis der Kassen. Helga Kühn-Mengel, frühere Patienten-Beauftragte der SPD-Bundestagsfraktion, sieht das etwas kritischer: „Manche Kassen haben wirklich gute Teams, die sich um solche Fälle kümmern, andere aber nicht“, unterstreicht sie. Klein-Schmeink plädiert dafür, gesetzlich genauer zu definieren, wie die Kassen ihre Versicherten bei dem Verdacht auf einen Behandlungsfehler unterstützen müssen. „Das wird eine Aufgabe für die nächste Wahlperiode sein“, sagt sie.
Das Patientenrechtegesetz: die Reglungen im Einzelnen
- Behandlungsvertrag: Dieser wird ausdrücklich im Bürgerlichen Gesetzbuch verankert. Darin wird die Vertragsbeziehung zwischen Patienten und Ärzten, aber auch zu anderen Heilberufen wie Heilpraktikern, Hebammen, Psycho- oder Physiotherapeuten zentral geregelt.
- Informationen: Patienten müssen umfassend informiert werden, etwa über erforderliche Untersuchungen, Diagnosen und Therapien. Diese Pflicht gilt auch für die Kosten: Werden Behandlungskosten nicht von der Kasse übernommen und weiß dies der Behandelnde, muss er das den Patienten mitteilen. Behandler müssen unter Umständen auch über Behandlungsfehler informieren, und zwar auf Nachfrage und „zur Abwendung gesundheitlicher Gefahren“, heißt es im Gesetz (lesen Sie dazu auch „“).
- Aufklärung: Grundsätzlich müssen alle Patienten umfassend über eine bevorstehende Behandlungsmaßnahme und die sich daraus ergebenden Risiken aufgeklärt werden. Damit sich die Betroffenen die Entscheidung gut überlegen können, muss das persönlich Gespräch rechtzeitig geführt werden. Eine schriftliche Aufklärung allein reicht nicht aus.
- Dokumentation: Patientenakten sind vollständig und sorgfältig zu führen. Fehlt die Dokumentation oder ist sie unvollständig, wird im Prozess zu Lasten des Behandelnden vermutet, dass die nicht dokumentierte Maßnahme auch nicht erfolgt ist.
- Akteneinsicht: Patienten wird ein gesetzliches Recht zur Einsichtnahme in ihre Akte eingeräumt, das nur unter strengen Voraussetzungen und nur mit einer Begründung abgelehnt werden darf.
- Unterstützung: Kranken- und Pflegekassen sollen ihre Versicherten bei der Durchsetzung von Schadensersatzansprüchen aus Behandlungsfehlern unterstützen. Dies kann etwa in Form von medizinischen Gutachten geschehen.
- Fristen: Krankenkassen müssen binnen drei Wochen – bei Einschaltung des medizinischen Dienstes innerhalb von fünf Wochen – über einen Leistungsantrag entscheiden. Bei vertragszahnärztlichen Anträgen hat die Krankenkasse innerhalb von sechs Wochen zu entscheiden, der Gutachter nimmt innerhalb von vier Wochen Stellung. Wird kein hinreichender Grund für eine Fristüberschreitung mitgeteilt, so gilt die Leistung nach Ablauf der Frist als genehmigt.
- Beteiligung: Patientenorganisationen werden bei der Bedarfsplanung stärker einbezogen und ihre Rechte im Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) gestärkt. Anträge der Patientenvertretung müssen in der nächsten Sitzung des jeweiligen Gremiums beraten werden (lesen Sie dazu auch „Patienten im Gemeinsamen Bundesausschuss“).
- Wissen: Um insgesamt mehr Transparenz über geltende Rechte von Patienten herzustellen, erstellt der Patientenbeauftragte der Bundesregierung künftig eine umfassende Übersicht über die Patientenrechte und hält sie zur Information der Bevölkerung bereit.
Weitere Informationen:
- Infoblatt „Patientenrechte im Klartext“ des Bundesjustizministeriums: https://www.bundesgesundheitsministerium.de
- Eine Broschüre „Patientenrechte Ärztepflichten“, die alle Änderungen durch das Patientenrechtegesetz enthält, kann bei der BAGP-Geschäftsstelle (Bundesarbeitsgemeinschaft der Patient/inn/enstellen) und bei allen Beratungsstellen der BAGP angefordert werden. Kontakt: BAGP, Waltherstr. 16a, 80337 München, Tel: 089 - 76755131, Fax: 089 - 7250474, E-Mail: mail@bagp.de