Arzneimittelsicherheit im Fokus - warum es wichtig ist, Nebenwirkungen zu melden
Online-Veranstaltung anlässlich des Welttags der Patientensicherheit
Nebenwirkungsmeldungen und Arzneimittelsicherheit – warum Patienteninitiative gefragt ist!
Patientenvertreter:innen und Expert:innen trafen sich am 13. September anlässlich des Welttags der Patientensicherheit zu einer spannenden Diskussionsrunde zum Thema „Arzneimittelsicherheit“; auch bekannt unter der etwas sperrigen Bezeichnung „Pharmakovigilanz“. Der Verband forschender Arzneimittelhersteller e.V. (vfa) hatte zur Online-Diskussion eingeladen, moderiert von Christiane Poertgen, die das Publikum mit einem Video auf das Thema einstimmte.
Die wichtige Rolle von Patient:innen: Nebenwirkungen melden!
Patienten:innen oder deren Angehörige haben eine Hauptrolle, wenn es darum geht, potentielle Nebenwirkungen von Arzneimitteln zu melden. Die Meldungen helfen, Informationen zu Medikamenten aktuell zu halten, auszuwerten und bei Bedarf notwendige Maßnahmen zu ergreifen. Beispielsweise werden über sogenannte „Rote Hand Briefe“ wichtige neue Informationen zu Medikamenten an Ärzt:innen übermittelt. Besonders in den ersten Jahren nach der Zulassung eines neuen Arzneimittels, so Dr. Elizabeth Storz, Takeda Pharma Vertrieb GmbH, seien diese Meldungen wesentlich. Jedes einzelne Detail spiele eine wichtige Rolle. Übrigens auch, wenn es um den Nutzen einer Arznei geht. Denn nur wenn eine Arznei den Nutzen beweist, bleibt sie auch auf dem Markt.
Rund 200.000 Nebenwirkungsmeldungen gingen in den Jahren vor 2020 bei den deutschen Behörden ein, rund 40% davon wurden von Ärzt:innen und Patient:innen gemeldet, der Rest von der Industrie, so Dr. Dirk Mentzer, Kinderarzt und Leiter des Referats Pharmakovigilanz I beim Paul-Ehrlich-Institut.
Was fehlt? Informationen!
Was den Bürger:innen fehlt, sind verlässliche Informationen über Nebenwirkungen und wie diese gemeldet werden können. Auch das Thema Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten ist ein wichtiger Aspekt, da häufig mehrere Medikamente gleichzeitig eingenommen werden. Das bestätigten die Patientenvertreter in der Runde, Dr. Miriam Schlangen, Mukoviszidose e.V. und Andreas Herdt, Adipositaschirurgie-Selbsthilfe Deutschland e.V.
Ein anderes Problem sei der Beipackzettel. Das lange Dokument sei häufig schlecht lesbar, oft unverständlich und bleibe deshalb oft ungelesen in der Packung zurück. Daher sei das Arztgespräch immens wichtig. „Es ist die Erwartungshaltung von Patienten, vom Arzt aufgeklärt zu werden. Den meisten reicht das auch, und es ist wichtig für das Vertrauensverhältnis.“ so Dr. Ruth Hecker vom Aktionsbündnis Patientensicherheit e.V. Sie empfiehlt auch den Beipackzettel zu lesen, sollten unter einer Behandlung neue Symptome auftreten.
Gemeldet werden können Nebenwirkungen an den Arzt/ die Ärztin oder in der Apotheke, oder direkt an die nationalen Zulassungsbehörden, das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) und das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) über die Webseite www.nebenwirkungen.bund.de. Ebenso können Nebenwirkungen direkt beim Hersteller eines Medikaments gemeldet werden.
Gefragt nach dem optimalen Meldeweg, empfiehlt Dr. Dirk Mentzer den Arzt, der gemäß seiner Berufsverordnung dazu verpflichtet ist, Nebenwirkungen zu melden. Alle Meldungen gelangen letztlich in eine große europäische Nebenwirkungsdatenbank, die von jedem Interessierten eingesehen werden kann.
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Und was kommt nach einer Meldung zurück?
Eine Frage, die auch von den Patientenvertreter:innen gestellt wurde. Zum einen, so erklärte Dr. Dirk Metzner, diskutieren die zuständigen Stellen die eingegangenen Meldungen und beschließen etwaig notwendige Ergänzungen der Informationen zu einem Medikament, die dann im Beipackzettel oder im Gespräch mit dem Arzt als Informationen zurück zu den Patient:innen kommen. Melden Patient:innen selbst, erhalten sie meist nur die Auskunft, dass ihre Meldung eingegangen ist, was weiter passiert, bleibt aber offen. Generell seien hier mehr Rückmeldungen wünschenswert, was jedoch bei der Vielzahl an Nebenwirkungsmeldungen kaum zu bewerkstelligen wäre.
Generell gilt: Alle Meldungen sind wichtig!
Egal, ob eine Meldung vom Arzt oder direkt von Patienten kommt - alle werden aufmerksam analysiert und beurteilt. Melden Patient:innen direkt, kann es passieren, dass häufiger Nachfragen zum Bericht gestellt werden müssen. In der anschließenden Risikoanalyse wird jedoch kein Unterschied gemacht. Liegen Warnzeichen für ein Medikament vor, können notwendige Maßnahmen – falls erforderlich – innerhalb von24 Stunden ergriffen werden. Ein Rote-Hand-Brief, der häufig noch postalisch versendet wird, braucht in der Regel etwas länger, bis er bei den Ärzten eintrifft. Im Moment arbeite man daran, Rote-Hand-Briefe in die ärztlichen EDV -Systeme einzupflegen, damit sie angezeigt werden, wenn Ärzte ein Rezept ausstellen, so Dr. Elizabeth Storz.
Eine spannende und interessante Diskussion, die deutlich machte, dass Patient:innen in der Arzneimittelsicherheit eine wichtige Rolle einnehmen; gerade deswegen benötigt das Thema selbst mehr Aufmerksamkeit vonseiten der Bevölkerung. Dafür sind mehr gute und verständliche Informationen nötig.
Generell gilt: Die Meldung von Nebenwirkungen ist wichtig für eine gute wie sichere Arzneimitteltherapie. Patient:innen sollten den Mut haben, Nebenwirkungen zu melden, stimmten die Patientenvertreter:innen überein. Das gelte auch für Medikamente, die frei verkäuflich (rezeptfrei) in der Apotheke erhältlich sind!