Arzneimittel: Was bezahlt die Krankenversicherung?

Rosafarbene, grüne oder blaue Rezepte – mal ist eine Zuzahlung zu leisten, mal nicht. Manche Medikamente müssen Versicherte vollständig selbst bezahlen: Die Erstattung von Arzneimitteln durch die gesetzliche Krankenversicherung ist schwer zu durchschauen. Ein Überblick über die wichtigsten Regelungen.

Weiterhin gilt aber, dass Menschen mit Corona-Symptomen ihre Hausarztpraxis anrufen sollen, um die weitere Vorgehensweise abzuklären.In der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) gilt das Sachleistungsprinzip. Versicherte müssen somit für eine Behandlung inklusive der verordneten Arznei-, Heil- und Hilfsmittel grundsätzlich nicht bezahlen – allerdings nur im Rahmen des gesetzlichen Leistungskatalogs. Zudem werden Zuzahlungen fällig. Was der Arzt auf Kassenrezept und damit zulasten der Krankenkasse verordnen darf, regelt die Arzneimittel-Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA).

Verschreibungspflichtige Medikamente und Zuzahlungen

Benötigt ein Patient ein verschreibungspflichtiges Arzneimittel, stellt der behandelnde Arzt ihm dafür ein rosafarbenes Rezept aus. Die Krankenversicherung trägt die Kosten für das Präparat, das der Versicherte in einer Apotheke bekommen kann. Allerdings muss der Betroffene oft eine Zuzahlung leisten. Sie beläuft sich auf zehn Prozent des Arzneimittelpreises, mindestens aber fünf und höchstens zehn Euro. Kostet das Medikament weniger als fünf Euro, trägt der Patient die Kosten selbst.

Beispiele:

  • Kostet ein Medikament 10 Euro, zahlt der Patient 5 Euro
  • Kostet ein Medikament 75 Euro, zahlt der Patient 7,50 Euro
  • Kostet es 400 Euro, zahlt er 10 Euro
  • Kostet es 4,75 Euro, zahlt er 4,75 Euro

Keine Zuzahlungen für Minderjährige

Kinder unter 18 Jahren sind von allen Arzneimittel-Zuzahlungen befreit. Für unter 12-Jährige sowie Jugendliche mit Entwicklungsstörungen bis zum vollendeten 18. Lebensjahr sind alle Arzneimittel erstattungsfähig, und auch nicht rezeptpflichtige Medikamente werden für sie von der Kasse bezahlt.

Belastungsgrenze für Zuzahlungen

Für Zuzahlungen gibt es eine Belastungsgrenze: Sie liegt bei zwei Prozent des Bruttoeinkommens, für chronisch Kranke bei einem Prozent. In diese Rechnung fließen auch der Eigenanteil für stationäre Behandlung und die Zuzahlung bei Heilmitteln und häuslicher Krankenpflege ein. Auf Antrag vergibt die Krankenkasse einen Befreiungsausweis, wenn die Belastungsgrenze im laufenden Jahr erreicht ist. Versicherte sind dann für den Rest des Jahres von allen Zuzahlungen befreit.

Austausch in der Apotheke

Krankenkassen können mit Arzneimittelherstellern über sogenannte Rabattverträge (siehe auch „Rabattverträge und ihre Folgen“) abweichende Konditionen aushandeln. Dabei erzielte Einsparungen können sie an die Versicherten teilweise weitergeben, zum Beispiel durch Verzicht auf die Zuzahlung. Seit 2007 sind Apotheker verpflichtet, bevorzugt Arzneimittel unter Rabattvertrag abzugeben und ein vom Arzt verordnetes Arzneimittel gegen das Präparat eines Herstellers auszutauschen, mit dem die Krankenkasse einen Rabattvertrag hat. Dazu müssen Wirkstoff und Wirkstärke identisch sein und Darreichungsform und Packungsgröße müssen vergleichbar sein. Der Arzt kann diesen Austausch von Medikamenten ausschließen, wenn er es für notwendig erachtet. Dazu muss er auf dem Rezept das Kästchen „Aut idem“ ankreuzen.

Medikamente ohne Zuzahlung

Darüber hinaus gibt es viele Medikamente, für die Versicherte nicht zuzahlen müssen. Grundlage dafür sind die sogenannten Festbeträge für Arzneimittel und die Rabattverträge der Krankenkassen mit den Herstellern.

Alle Medikamente, die vom Hersteller zu einem Preis angeboten werden, der mindestens 30 Prozent unter dem Festbetrag liegt, können von der Zuzahlung befreit werden. Das betrifft derzeit mehr als 3.800 Arzneimittel (Stand Juli 2017). Die Liste enthält sowohl Generika als auch patentgeschützte Wirkstoffe.

Ãœber der Festbetragsgrenze kommt es zu Aufzahlungen

Wenn der Hersteller für sein Medikament einen Preis verlangt, der über dem Festbetrag liegt, muss der Versicherte eine sogenannte Aufzahlung leisten, die sich aus dem Differenzbetrag und der gesetzlichen Zuzahlung zusammensetzt. Verschreibt der Arzt dem Patienten ein solches Medikament, ist er verpflichtet, den Betroffenen darauf hinzuweisen. Der Patient kann dann nach aufzahlungsfreien Verordnungsalternativen fragen.

Parallel gehandelte Arzneimittel

Parallelhandel ist der Vertrieb eines Arzneimittels durch einen vom Originalanbieter unabhängigen Händler über Ländergrenzen hinweg im Wettbewerb zum Originalanbieter. Der Parallelhandel wird ermöglicht durch die europarechtlichen Grundsätze des freien Warenverkehrs im europäischen Binnenraum. Die Tätigkeit von Parallelhändlern beschränkt sich auf den Austausch des Beipackzettels sowie das Überkleben der Originalpackung in der deutschen Sprache. Apotheker sollen Importarzneimittel dann abgeben sollen, wenn deren Apothekenverkaufspreis mindestens 15 Prozent oder mindestens 15 Euro günstiger ist als der Preis des entsprechenden Originalprodukts (Preisabstandsgebot). Importierte Produkte können allerdings auch teurer sein als das Originalarzneimittel. Apotheker müssen außerdem prüfen, ob die Krankenkasse für ein Importarzneimittel oder das Originalarzneimittel einen Rabattvertrag abgeschlossen hat. In diesem Fall ist das rabattierte Vertrags-Arzneimittel in der Apotheke abzugeben.

Rezeptfreie Arzneimittel in der Apotheke

Neben den verschreibungspflichtigen Arzneimitteln gibt es auch sogenannte rezeptfreie, die in der Regel nicht von der Krankenkasse erstattet werden. Sie werden auch OTC (Over the Counter)-Präparate genannt. Wer beispielsweise ein Erkältungsmittel benötigt oder auf homöopathische Arzneimittel setzt, zahlt diese selbst. Ausnahmen bestehen bei Patienten mit schwerwiegenden Erkrankungen, die nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel und Naturheilmittel benötigen. Welche das sind, entscheidet der G-BA. Eine weitere Ausnahme stellen die sogenannten Satzungsleistungen der Krankenkassen dar. Dabei handelt es sich um freiwillige Kostenübernahmen, die nicht gesetzlich vorgeschrieben sind. Dazu zählen zum Beispiel Arzneimittel der Homöopathie oder der Phytotherapie (Pflanzenheilkunde). Welche Kasse was bezahlt, kann bei der jeweiligen Kasse erfragt werden. Es gibt allerdings auch Medikamente, die von der Erstattung ausgeschlossen sind – die Kassen dürfen diese Präparate ihren Versicherten nicht erstatten. Dazu gehören Arzneimittel gegen Bagatellerkrankungen wie Schnupfenpräparate, die Antibabypille für Frauen ab 20 Jahren oder Lifestyle-Medikamente wie Appetitzügler. Dies gilt auch für verschreibungspflichtige Potenzmittel.

Weitere Informationen:

Wer mehr wissen möchte: